Postpandemische Preiserhöhung in der Speisekarte – kleines Vademecum für Gastronome

Spießkarte

Lang und hart war der Lockdown, auch wenn es ihn in Deutschland verglichen mit vielen Nachbarn nur in der Version light gab. Gefühlt hat er jedenfalls ewig gedauert – für die, die zuhause bleiben mussten, und für die, die ihre Türen nicht für Gäste öffnen durften. Dann endlich die Erlösung: Erst fielen Schritt für Schritt die Inzidenzwerte, dann eine Einschränkung nach der anderen.
Trotzdem geht es für die Betriebe nicht einfach weiter wie zuvor, viele Auflagen müssen erfüllt werden und das geht ebenso ins Geld wie die gestiegenen Lebensmittelkosten. Was also tun, doch nicht etwa die Preise erhöhen und damit die treuen alten Stammkunden vergrämen, die gerade erst wieder an die Tische strömen?
Genau dazu raten jedenfalls Vertreter der Dehoga NRW und des Gastgeberkreises Deutschland ebenso wie das Branchenportal Hogapage. Sie halten Preiserhöhungen für unumgänglich und ermutigen die Gastwirte zu Steigerungen von 10-20 Prozent. Die Gäste, so Jean-Georges Ploners, Kopf und Geschäftsführer der F&B HEROES GmbH, seien derzeit nicht preissensibel, da die Dankbarkeit, wieder ins Restaurant gehen zu können, überwiege.
Fazit: Die Gäste werden angesichts Ihrer neuen Preise kaum einen Luftsprung machen, aber dennoch bereitwillig und verständnisvoll mitziehen – schließlich gehen sie ja selbst auch in den Supermarkt und sehen, dass die Alternativen Selberkochen und Alleinetrinken leider ebenfalls teurer geworden sind.

Nun gut. Sie haben also Zweifel und Schuldgefühle über Bord geworfen, sich zu einer kleinen Erhöhung durchgerungen und neu kalkuliert. Und jetzt? Bleibt noch, es den Gästen möglichst schonend mitzuteilen. Über die Speisekarte.

Aber bitte nicht so! Fehler vermeiden

Die Flicken-Taktik

Mehrere kleinere Erhöhungen oder nur einmal, aber dafür merklich – beide Strategien haben ihre Vor- und Nachteile in der psychologischen Auswirkung auf die Gäste. Aber egal wie Sie es machen, sollten Sie auf keinen Fall einfach nur die Preise auf den bestehenden Speisekarten und Preistafeln ausbessern. Das wirkt nicht nur unprofessionell, sondern fällt auch auf und lenkt das Auge des Betrachters genau dorthin, wo wir es nicht haben wollen: Auf die Preisänderung. Selbst Laufkundschaft, die den alten Preis gar nicht kannte, wird so mit der Nase darauf gestoßen, dass hier an der Preisschraube gedreht wurde. Ist zu allem Übel der alte Preis noch zu entziffern, geht gleich das große Rechnen los, wie viel Prozent mehr man “für das Gleiche wie vorher” fortan wohl zahlen müsse. Der Rest der Wartezeit auf das Essen wird dann damit verbracht, zu überlegen, ob die provisorische Ausbesserung wohl ein Vorbote für weitere geplante Erhöhungen sein könnte.
Deswegen: Selbst wenn Sie tatsächlich weitere Änderungen planen, bitte nicht an der falschen Stelle sparen! Lieber jetzt in eine gut gemachte neue Karte investieren und dabei die Chance nutzen, das eine oder andere zu optimieren (mehr dazu später). Sprechen Sie mit Ihrem Drucker. Ein einmal gemeinsam erarbeitetes Design kann aufbewahrt und später mit wenig Aufwand um weitere Preisänderungen ergänzt werden.

Angebotschaos
Ein weiteres No-Go ist Inkonsequenz. Auf der schicken neuen Speisekarte in der ansprechenden Bindung kostet die Nummer 43 bereits 19,80 Euro, aber auf dem Backlight wird sie noch für 18 Euro angeboten? Der Flyer im Briefkasten versprach ein günstiges Menüangebot, das es vor Ort aber leider gar nicht mehr gibt? Ständig bestellen Gäste die Pilzravioli, die man nur noch auf den Aufstellern, aber nicht mehr in der Küche findet, und die Online-Version verbreitet vollkommen veraltete Öffnungszeiten? Da ist Ärger vorprogrammiert. Auch hier sollten Sie die notwendige Zeit investieren und gerne noch ein zweites oder drittes Mal prüfen, ob wirklich nichts vergessen wurde.

Digitale Sackgasse
Und wenn man es sich jetzt ganz einfach macht und nur eine digitale Karte anbietet? Klar, damit weicht man der Stolperfalle Inkonsequenz geschickt aus. Die Vorteile digitaler Karten liegen auf der Hand, durch Corona sind es die Gäste inzwischen ohnehin schon gewohnt.
Denkbar ist dieses Konzept schon und sicherlich wirkt es sehr modern. Allerdings hat man die Rechnung dann nur mit dem Wirt und einem gewissen Segment der Gästeschar gemacht. Nichts gegen QR-Codes und digitale Karten. Sie sind eine Bereicherung, wenn sie gut gemacht sind, wenn sie also schnell aufrufbar sind, eine einfache Menüführung haben und sich auch auf kleineren Handybildschirmen gut lesen lassen. Und wenn es ausreichend sinnvoll platzierte Aushänge oder Aufsteller mit dem Code gibt – denn das schönste Hygienekonzept schmilzt wie ein Schneeball in der Sahara, wenn sich am Eingang Menschentrauben bilden, die alle erst einmal über die Luca-App einchecken müssen, oder wenn sich ein Gast quer über den Nachbartisch hängen muss, um direkt vor einem fremden Teller und unter den Nasenlöchern des dazugehörigen Gasts mit der Handykamera den Code einzuscannen. Also lieber ein Ausdruck mehr als weniger.
Im Übrigen sollten Sie genau wie bei der Printversion auch bei der digitalen Karte darauf achten, dass das Design zu Ihrem Lokal und Ihrem Zielpublikum passt.
Wenn Sie all das bedacht haben, kommen die Gäste gut mit dieser Lösung klar. Also zumindest bis auf diejenigen, deren Handy noch in der Jacke steckt, die wegen des guten Wetters in letzter Minute doch daheim geblieben ist. Und diejenigen, die das Handy zwar dabei haben, aber ihr Datenvolumen und/oder ihren Akku bereits unterwegs aufgebraucht haben. Oder deren Augen nicht für die Lektüre auf einem 4”-Bildschirm gemacht sind. Oder die eben keine Digital Natives sind und sich mit der Handykamera im Allgemeinen oder dem Scannen von QR-Codes im Besonderen schwer tun und tief drinnen überzeugt sind, dass die Speisekarte nicht kleiner als der Magen sein sollte. Oder die aus verschiedenen Gründen schon gleich gar kein Smartphone besitzen. Inklusion sieht anders aus.
Also: “Handy vergessen – gibt nix zu essen!” ist nicht die Art, in der wir unsere Gäste willkommen heißen möchten. Besser ist es, parallel auch andere Optionen an der Hand zu haben.
Sie meinen, heutzutage machen es doch alle nur noch digital? Genau deswegen ist eine gut lesbare Speisekarte, bei der man während der Entscheidungsfindung mit den Fingern mehrere Gerichte markieren kann und hinter der man sich notfalls versteckt, wenn ein unsympathischer Bekannter im Lokal auftaucht (haben Sie das schon mal mit einem Handy probiert?!), ein Alleinstellungsmerkmal, das so manch einen zum Stammgast werden lässt. Und zu einem gehobeneren Ambiente gehört eine hochwertig verarbeitete Karte einfach immer noch dazu.

Die Preiserhöhung als Chance
Sie lassen also Ihre Speisekarten und Werbematerialien neu drucken. Wer jetzt nur die Preise abändert, hat eine Chance auf Umsatzerhöhung vertan!
Profis wie der berühmte “Speisekartenzauberer” Gregg Rapp oder Brita Moosmann, international erfolgreiche Beraterin und Dozentin an der Hotelfachschule Hamburg, wissen, dass dank Menu-Engineering die Gewinnmargen nachhaltig beträchtlich gesteigert werden können. Menu Engineering hilft nicht nur, Kosten und Preise korrekt zu kalkulieren und das Angebot genau auf die Bedürfnisse Ihrer Gäste abzustimmen, sondern kann, gestützt auf wissenschaftliche Untersuchungen und Eye-Tracking-Experimente, durch Kunstgriffe wie die geschickte Positionierung der einzelnen Elemente oder ansprechende Farb- und Materialwahl das Bestellverhalten der Gäste im Sinne des Gastronomen beeinflussen. Ein weiterer kompetenter Ansprechpartner bei der Menügestaltung ist Ihre Druckerei. Dort wird man Ihnen viele Anregungen geben können, Muster und Testdrucke zeigen und Sie vorwarnen, wenn zum Beispiel die gewünschte Textfarbe auf dem Hintergrund schlecht lesbar sein sollte oder sich ein bestimmtes Material erfahrungsgemäß nicht sehr gut für Ihre Zwecke eignet. Auch hier gilt: Lieber etwas Zeit und Geld in Kompetenz und Qualität investieren, als zu vermeintlich günstigen Bedingungen einen größeren Posten Marketingmaterialien in Auftrag zu geben, sich hinterher tagtäglich über das Ergebnis zu ärgern und dann viel früher als gedacht noch einmal neu drucken zu lassen.

 

Quellen:

Geschäftsführer Christoph Becker (Dehoga) und Sprecher Torsten Olderog (Gastgeberkreis) im Gespräch mit dem Kölner Stadtanzeiger
Magazin

Jean-Georges Ploner Gastrokolumne “Schluss mit billig – zum Re-Start Preise erhöhen!” 

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